Inhalt
work in progress
The Pine-Cone Series
Zeichnung als Geste der Zuwendung
In der aktuellen Serie von Bleistiftzeichnungen untersucht Hennenkemper, wie eine zeichnerische Praxis im Rahmen von Nature-Care/ Nature-Writing auch zu Fragen des künstlerischen Handelns im planetaren Kontext beitragen könnte.
DAS ZEICHEN ZEICHNEN
Bleistiftserie von Ansichten eines Bleigusses (Sylvester 2020/21) - das Zeichen, welches auf nichts anderes als unser Bedürfnis nach einem Zeichen verweist - Zeichnung als Exegese-Format. (Text von Knut Ebeling - siehe "Texte")
TIME OUT -
Naturgeschichte/ Geschichte nach der Natur
Bleistift-Zeichnungen nach naturhistorischen Grafiken aus
Martin Lister's Historiae conchyliorum von 1685
MUNCH--> JENSSEN -->HENNENKEMPER-->
history unchained
The Pine-Cone Series
Zeichnung als Geste der Zuwendung
In der aktuellen Serie von Bleistiftzeichnungen im Format 76 x 56 cm untersucht Hennenkemper, wie eine zeichnerische Praxis im Rahmen von Nature-Care/ Nature-Writing auch zu Fragen des künstlerischen Handelns im planetaren Kontext beitragen könnte.
Der Pinienzapfen galt historisch als Ausdruck von Vollkommenheit, Schönheit und Fruchtbarkeit, im christl. Kontext wurde er zum Symbol der Wiederauferstehung. Die gezeichneten Zapfen in dieser Reihe sind jedoch vielfach versehrt - von Krankheiten, klimabedingter Trockenheit oder Tierbefraß. Die Zeichnerin wendet sich diesen versehrten Körpern zu und zeichnet sie. Sie trägt sich als Betrachterin und ökologischen Player in die Arbeiten ein.
rechts:
Zapfen 1 aus der Pine-Cone Series, 2024, Bleistifte auf Papier, 76 x 56 cm
links:
Zapfen 2 aus der Pine-Cone Series, 2024, Bleistifte auf Papier, 76 x 56 cm
rechts:
Zapfen 3 aus der Pine-Cone Series, 2024, Bleistifte auf Papier, 76 x 56 cm
links:
Zapfen 4 aus der Pine-Cone Series, 2024, Bleistifte auf Papier, 76 x 56 cm
rechts:
Zapfen 3 aus der Pine-Cone Series, 2024, Bleistifte auf Papier, 76 x 56 cm
...work in progress...
Das Zeichen zeichnen
Betrachtungen eines Bleigusses
Das Zeichen zeichnen
Seit Januar 2021 zeichnete ich verschiedene Ansichten des immer gleichen Bleigusses (Jahreswende 2020/21). Der Bleiguss ist in seiner Funktion ein Zeichen. Dieses Zeichen jedoch verweist im Kern auf nichts anderes, als auf unser Bedürfnis nach einem Zeichen.
"Sechs Zeichnungen zeigen stark vergrößert einen Bleiguss, der während des Silvesterabends 2020/21 entstand. Immer wieder und aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst Hennenkemper mit dem Bleistift seine immer neu erscheinende, unregelmäßige und bizarre Form. Dies könnte unendlich oft fortgeführt werden und immer neue Ansichten offenbaren. Das Silvesterritual schreibt dem Bleiguss orakelhafte Fähigkeiten für das zu, was in ihn hineingelesen oder –gesehen wird. Seine Bedeutung bekommt das Ding dabei immer durch die Interpretation von außen.
Hennenkemper konzentriert sich nahezu meditativ auf das, was vor ihr liegt. Die Suche nach einem tieferen Sinn oder einer Bestimmung lässt Hennenkemper beim Zeichnen der Bleigüsse bewusst fahren. Die Bleimasse scheint pure Projektionsfläche zu bleiben, die Zeichnungen bleiben selbst ungedeutete Zeichen und sind daher auch der Vorschlag, einen anderen Blick zu wagen: Einen, der auf Zuschreibungen, die immer auch eine Instrumentalisierung der Dinge/ der Umstände bedeuten, bewusst verzichtet und der stattdessen als Zuwendung bei den Dingen verweilt.
(Daphne Schüttkemper und Hanna Hennenkemper, 2022)
Text von Knut Ebeling : siehe "Texte"
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, erste Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, zweite Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, dritte Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, vierte Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, fünfte Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
Bleiguss Nr. 1, 01.2021, sechste Ansicht,
Bleistifte auf Papier · 29,7 x 42 cm
„….Denn tatsächlich kann man beim Bleiguss von zwei Momenten der Gerinnung sprechen, schließlich gibt es nicht nur die materielle Gerinnung, sondern auch das Gerinnen des Erkennens, in dem die Zeichnung beginnt: Sobald das Blei zischend geronnen ist, beginnt der Vorgang des Erkennens, der zugleich ein Zeichnen ist. Daher stellt der Bleiguss nicht nur die Frage nach dem Zeichen und dem Zeichensein, sondern auch die nach der Zeichnung, ja man könnte soweit gehen und behaupten, so wie die amorphe Bleimasse ihr Zeichensein bereits immer schon beinhaltet, ist auch die Zeichnung toujours déjà in ihr angelegt: Der Bleiguss ist materielle oder materialisierte Zeichnung. "
(Auszug aus Knut Ebelings Text "das Zeichen zeichnen - zu den Bleiguss Zeichnungen von Hanna Hennenkemper", Berlin 2021)
WORK IN PROGRESS!
TRANSLATING TIME -
Naturgeschichte/ Geschichte nach der Natur
Das Arbeiten mit Bildvorlagensammlungen -
von monographischer zu editorischer Zeichnung
Während mein frühes zeichnerisches und druckgrafisches Werk im Kontakt mit der Welt der Dinge eher monographisch angelegt ist, befindet sich meine Arbeit derzeit in einem Übergang zu einer vermehrt editorischen und damit kontextorientierten Arbeitsweise.
In den Vordergrund rückt das Verständnis von Zeichnungen und Druckgrafiken, die sich selbst als Objekte innerhalb der sinnlich erfahrbaren Welt zeigen: Seit der Arbeit an dem Zyklus Munch--> Jenssen--> Hennenkemper--> history unchained von 2016-2017 übernehme ich immer öfter (historische) Vorlagen als Ausgangsmaterial für meine Arbeiten.
Ich behandle die fremden Grafiken/ Bildvorlagen als Ruinen einer historischen Konstellation, die ich im Prozess meines Zeichnens dekonstruiere und von innen neu aufbaue.
Naturhistorische Grafiken nach M. Lister
Martin Lister (1639 - 1712) war ein englischer Arzt und Naturforscher. Von ihm stammt die erste systematische Publikation über Muscheln. In seinem Werk „Historiae Conchyliorum“ widmete er sich insbesondere der Conchologie.
Conchologie ist ein Aspekt der Malakologie, dem Studium der Weichtiere, wobei sich die Conchologie allein auf die Untersuchung der Schalen von Weichtieren beschränkt.
Das Werk beinhaltet 1062 Abbildungen (Kupferstiche) von Schalen, die Lister’s Töchter - Susanna und Anna Lister - für das Werk ihres Vaters angefertigt haben.
Die Historiae Conchyliorum gilt inzwischen als ein Musterbeispiel dafür, wie zu jener Zeit Naturgeschichte in den Wissenschaften verstanden und aufgezeichnet/ wie sie abgebildet wurde. Die Grafiken sind aus heutiger Perspektive also nicht nur naturgeschichtliche Darstellungen sondern Darstellung eines Denkens und Begreifens von Naturgeschichte in Abbildungen.
Die Künstlerin begann, die historischen Stiche in die gebundene Flächigkeit und Nuancierung feiner Bleistifttexturen zu übersetzen. Die Übersetzungstätigkeit war dabei eine doppelte: Zum einen übertrug sie die Vorlagen aus dem einen Medium in ein anderes, zum anderen entfaltete sie die Grafiken in ihre und unsere Gegenwart. Indem Hennenkemper die Grafiken beim Zeichnen quasi einem emotionalen Belichtungsvorgang unterzog, (ver)zeichnete sie wahrscheinlich weniger das, was vor ihr, als das, was bereits hinter ihr lag, was sie in ihrer Welterfahrung nachhaltig beeinflusst und prägt.
oben und links:
Stiche aus der „Historiae Conchyliorum“ von Susanna und Anna Lister in: Martini Lister, 1685, Historiae conchyliorum, Vol. 1
Die Conchologie wird heute manchmal als archaische Studie angesehen, da es irreführend sein kann , sich nur auf einen Aspekt der Morphologie eines Organismus zu stützen. Eine Muschel gibt jedoch oft zumindest einen Einblick in die Taxonomie der Weichtiere.
Das Zeichnen von Schalen und Gehäusen wird in den Arbeiten Hennenkempers zur Suche nach Körperlichkeit, nach einem Verhältnis von Innen und Außen, zur Auseinandersetzung mit Emotionen und Projektionen - eine zeichnerische Notation des eigenen Kosmos entlang der Darstellungen eines ganz fremden, historischen Kosmosses. Die Abweichungen, die in der Spanne des Übersetzungsvorganges dabei stattfinden, markieren eben die historische Kontingenz, die Hennenkempers Zeichnungs-Reihe auf oft ausgesprochen sinnliche Weise vorführen.“
oben: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 18 x 29,5 cm
rechts: o.T., 2019, Bleistifte auf Papier, 21 x 14,8 cm
unten: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 21,7 x 27 cm
oben links: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 11 x 16 cm
oben rechts: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 21 x 29,5 cm
unten links: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 18 x 12 cm
unten rechts: o.T., 2020, Bleistifte auf Papier, 28 x 21,7 cm
...work in progress....
MUNCH--> JENSSEN -->HENNENKEMPER-->
history unchained
MUNCH--> JENSSEN -->HENNENKEMPER-->
history unchained
Ausgangspunkt für die Serie der Bleistiftzeichnungen mit dem Titel Munch --> Jenssen --> Hennenkemper--> war ein Stipendienaufenthalt im Sommer 2012 im Edvard-Munch-Haus Warnemünde. Zu dieser Zeit hing dort eine Ausstellung des norwegischen Künstlers Olav Christopher Jenssen mit Umrisszeichnungen von Alltagsgegenständen Edvard Munchs aus dessen Haus in Åsgaardstrand (Norwegen), die Jennssen dort 2011 gezeichnet hatte.
Die Identität der dargestellten Objekte bleibt in Jenssens Zeichnungen zum Teil uneindeutig und rätselhaft. Dennoch bezeugen sie scheinbar intime Einblicke in die Alltagsrealität Munchs. Die Zeichnungen gehen einem materiellem Wissen um Munch nach und sind zugleich im Staunen verhaftet. Mein Interesse richtete sich dort auf Jenssens Zeichnungen, wo diese einerseits also historische Dokumentation, andererseits persönliche Aufzeichnung von Geschichte zu sein scheinen.
oben: Ausstellungsansicht, Re-privat, Galerie Pankow, Berlin 2017
rechts: Edvard-Munch-Haus, Warnemünde
Olav Christopher Jenssen, Journal Vol. 3,
Verlag Kleinheinrich 2011
Seite aus Olav Christopher Jenssen, Journal Vol. 3, Verlag Kleinheinrich 2011
Seite aus Olav Christopher Jenssen, Journal Vol. 3, Verlag Kleinheinrich 2011
2016/17 begann ich, Jenssens Umrisszeichnungen direkt aus dessen Katalog heraus gespiegelt auf mein eigenes Zeichenblatt zu übertragen. Anschließend füllte ich diese Übertragungen entlang der vorgegebenen Konturen mit Bleistifttexturen plastisch aus. Wie Archivmaterial werden die auf diese Weise entstandenen Objektzeichnungen einzeln und unter Glas in langen Regalreihen aufgestellt. Die Zeichnungen tasten – wie die Jenssens – nach Bezeugungen einer materiell fixierten Vergangenheit. Ihre Re-Präsentationen rudimentär überlieferter historischer Artefakte verweisen jedoch vor allem auf die Zeichnung selbst als zu jeder Zeit zutiefst persönliche Form der Aufzeichnung, die immer auch -...und vor allem... - Zeugnis ihrer eigenen Zeitgenossenschaft ist.
links: Zeichnung Olav Christopher Jenssens, abgebildet in dessen Katalog >Journal Vol. 3<
rechts: meine Zeichnung, nach der gespiegelten Vorlage der Umrisszeichnung Jenssens, 2017, Bunt- und Bleistifte auf Papier, 29,7 x 21 cm
oben / unten: Arbeiten aus der Serie Munch-> Jenssen-> Hennenkemper->,
je o.T., 2016-2017, Bleistifte auf Papier, 29,7 x 21 cm
links: am Stand, Warnemünde 2014
oben: Ausstellungsansicht Re-privat, Galerie Pankow 2017,Video "appearrence" zu Munch -> Jenssen -> Hennenkemper-> history unchained, Licht und Schatten auf einem gerade in Arbeit befindlichen Zeichenblatt zur Serie. (Video: J. Szymczak, H. Hennenkemper)
unten: Stills aus dem Video „appearance“